Drip Campaigns – die chinesische Wasserfolter

2. Juni 2025

Werbung wirkt. Werbung nervt aber auch. Uns Werbefritzen ganz besonders, denn wir kennen den Unterschied zwischen nerviger Werbung und freundlichem Marketing.

„Bitte keine Werbung“ klebt auf vielen Briefkästen. Bei Cold Calls wird knallhart aufgelegt. Wir kriegen auch viel Werbung per E-Mail. Immer öfter erreichen uns Nachrichten, die lieblos mit einem Chatbot generiert wurden und dann rausgespammt an tausende Absender. Infos, die wir nie bestellt haben. Sales-Kampagnen für mehr Sales-Kampagnen.

Jede Woche folgt dann eine Erinnerungsmail – mit KI-generierten Textbausteinen, ein Marketing-Bot knallt „Reminder“ raus, bis die Mütze hochkommt. 

Man nennt das neudeutsch „Drip Campaigns“. Mit dem Impetus einer chinesischen Wasserfolter kommt jede Woche eine neue Nachricht – bis die Kampagne derartig nervt, dass man sie nicht mehr ignorieren kann. Werbung für Potenzpillen oder die Nachricht, dass man mal wieder Erbe eines berühmten Milliardärs geworden ist, würden sich leicht herausfiltern lassen. Automatische Spamfilter funktionieren bei Drip-Kampagnen aber schlecht: Sie ähneln echter Korrespondenz.

Drip Kampagnen sind ekelhaft, weil sie so schrecklich lieblos sind. Wer mit Drip Kampagnen wirbt, bekommt hoffentlich niemals einen Auftrag. Drip Kampagnen ziehen das Image der gesamten Branche runter.

Marketing und Vertrieb geht so viel besser: Man kann eine ordentliche Dienstleistung oder ein ordentliches Produkt anbieten; gute Newsletter schreiben, die gerne gelesen werden; angenehmes, unaufdringliches Telefonmarketing betreiben. Und auch ohne maschinelle Penetranz Aufmerksamkeit gewinnen – mit Stil, Humor und Herzblut.
 

Wie soll man also auf eine Drip Campaign reagieren?

  • Bingo spielen
    Ein kleiner Trost – mit jeder Woche steigt die Chance auf ein Bingo.
  • Nicht antworten
    Jeder Kontakt ist verschwendete Zeit und erzeugt weitere Kontaktversuche. Es ist Spam. Hinter den Drip Campaigns stehen Verkaufsteams, die einem irgendwas Billiges andrehen wollen. 
  • Blacklisten
    Sobald man sieht dass es ein Drip ist (die Mail von der Vorwoche wird zitiert) kann man die Nachricht im Mailprogramm als Spam markieren. Viele Mailclients bieten inzwischen auch die Möglichkeit, den Absender zu blockieren. Wenn der Filter nicht mehr taugt: auf vielen Webservern kann man auch Blacklists einrichten.
  • Oma rangehen lassen
    Man kann KI benutzen um den Teufel mit dem Beelzebub auszutreiben. In England hat sich die KI „Daisy“ bewährt, die am Telefon so tut, als ob sie eine ältere Dame ist. Sie spricht gerne stundenlang über Strickmuster, Katzen und Plätzchen. Niemals jedoch übers Geschäft.
  • Abmahnen!
    Wir sind kein Fan von Abmahnungen, aber Drip Kampagnen haben – weil sie so penetrant sind – für unseren Anwalt den Vorteil, dass es um einen ordentlichen Streitwert handelt. Fünf Mails am Stück ohne Double-Opt-In? Das kann sich lohnen.

 

„Wenn Ihr glaubt, dass Euer Funnel …“

… nee, da braucht Ihr gar nicht weiterreden. Liebe Drip Kampagneros, wenn Ihr das hier lest: Schaut mal tief in den Spiegel und ändert Euer Leben. Löscht unsere Daten aus Eurer Datenbank. Nehmt uns die Hartnäckigkeit nicht übel, wir wollen wirklich nicht nerven, aber das ist unsere einzige und letzte Antwort. Tschüss.